Seit den ersten kulturellen Spuren der Menschheit begegnet eine enge Verschränkung von Religion und Kunst. In unserem Kulturkreis ist dies tief mit dem christlichen Glauben verbunden. Christliche Kirchen waren nicht nur Auftraggeber von Kunstwerken, der christliche Glaube fand auch seinen wesentlichen Ausdruck in Werken der Kunst. Erst mit der beginnenden Neuzeit traten die Kunst und einzelne Künstler als individuelle Kunstschöpfer in autonomer Verantwortung auf und gestalteten ihre Werke in eigener Verarbeitung ihres Glaubens.

Diesen Weg des Verhältnisses von Kunst und Glauben verfolgt dieses Buch an herausragenden Beispielen in der Region des deutschen Südwestens. Neben vielen Kirchengebäuden, die als kostbare Zeichen der Gegenwart

des unsichtbaren Gottes wahrgenommen werden wollen, treten unzählige Kunstwerke, die nicht nur auf Grund der Säkularisierung, sondern auch durch Wandel des Geschmacks von ihren ursprünglichen Orten entfernt wurden. Die Staatliche Kunsthalle in Karlsruhe, eines der ältesten Kunstmuseen Deutschlands, ist eine Schutz- und Schatzkammer für viele kostbare Werke aus der Zeit seit dem 14. Jahrhundert. Gleichzeitig ist sie ein Denkmal der bürgerlichen Kultur, in der die „Tempel der Kunst“ Ausdruck einer „Kunstreligion“ wurden. Nach deren Ende scheint nun auch die Phase der „Autonomen Kunst“ an ihr Ende zu kommen. Die explizite Ausdrucksform von Religion in der Kunst wandelt sich zu verborgenen Formen, für die der Blick neu geschärft werden will.